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rangun menschen am lachen
rangun menschen am lachen

Im Januar 2014 reiste ich für knapp drei Wochen ins hochinteressante Myanmar. Eines Abends trank ich gemütlich mit einigen anderen Reisenden im „Mother Land Inn“ – dem einzig wirklichen Hostel in Yangon – ein „Myanmar premium quality beer“ und tauschte Erfahrungen aus. Da begann ein aufgestellter Holländer von seiner Fahrt mit dem „Circular Train“ zu erzählen. Für einen Dollar geht’s drei Stunden lang im Schneckentempo einmal rund um die Stadt, vorbei an der wunderschönen Landschaft, kleinen Aussenvierteln und Märkten. Dabei lernt man hautnah das „echte“ Leben der Locals kennen und entdeckt die Stadt von einer anderen Perspektive.

DIE FAHRT BEGINNT

Einmal am alten Hauptbahnhof von Yangon angekommen, weisen einem die Angestellten der „Myanmar Railways“ sofort den Weg zum kleinen Tickethäuschen für Touristen. Der „Circular Train“ hat sich bei Rucksackreisenden herumgesprochen und so versucht die Bahngesellschaft, Profit daraus zu schlagen (was ich absolut in Ordnung finde!). Der Bahnhof ist alt und die Züge verrostet und klapprig – trotzdem herrscht eine überraschende Ordnung auf den Bahnsteigen; die Leute lassen sich nur ungern stressen. Menschen liegen auf  Bänken und warten auf die Ankunft ihres Zugs. Einige Strassenverkäufer versuchen, Ihre Snacks an den Mann zu bringen. Touristen schauen verwirrt und unbeholfen in der Gegend umher.

Beim Ticketkauf begibt man sich in eine längst vergessene Zeit: Von Hand füllt der ältere Herr das Ticket für einen Dollar aus, zeigt einem eine alte, verknitterte Karte und erklärt, dass an jeder der 39 Stationen aus- und anschliessend wieder in den Zug eingestiegen werden darf; das Ticket ist nämlich den ganzen Tag lang gültig und die Züge fahren im Halbstundentakt. Wenn man die Gegenden also auch zu Fuss erkunden möchte, kann die Fahrt einen ganzen Tag einnehmen.

Der Zug fährt im Schneckentempo und laut dröhnend in den Bahnhof ein. Die Wagen sind komplett leer und so hat man genügend Auswahl, auf welchem der sehr unbequemen, harten Bänken man die nächsten drei Stunden verbringen möchte. Das Wageninnere ist verrostet und macht keinen zuverlässigen Eindruck. Trotzdem drehen diese Züge schon seit vielen Jahren jeden einzelnen Tag ihre Runden und scheinen nie schlapp zu machen.
Langsam bahnen sich die Wagons ihren Weg durch die dicht besiedelte Stadt. Immer wenn die Einwohner einen Europäer durch’s offene Fenster sehen, rufen oder rennen sie einem hinterher. 45 Kilometer und 39 Stationen liegen vor uns – an jeder hält der Zug für ein paar Minuten und lässt die oftmals schwer beladenen Menschen in den Zug ein- und aussteigen.

Man fühlt sich beim Blick nach draussen so, als würde ein Film am Zug vorbei ziehen: Alle paar Sekunden ändert sich die Szene und es bildet sich ein total neues Bild an Menschen, Natur und Geschmäckern. Einmal turnen Kinder aufgeregt an improvisierten Turnstangen aus Bambus herum, danach sitzen ein paar Jugendliche im Kreis und musizieren und plötzlich fährt man durch wunderschöne Natur und Reisfelder. Kurz: Auch wenn die Fahrt drei Stunden oder länger dauert, wird es einem ganz bestimmt nicht langweilig.

Auch im Zug spielt sich interessantes ab: Mönche, Marktleute, Geschäftsleute, Verkäufer, Bettler, Kinder, Familien und Touristen sitzen alle durchmischt beieinander. Es ist unglaublich spannend einfach nur die Leute, ihre Lebensweise und ihr Verhalten zu beobachten und zu studieren. Es wird gelacht, gesungen und angeregt diskutiert. Trotzdem ist es im Zug während einer langen Zeit ziemlich ruhig und gelassen, bis sich das in etwa der Hälfte der Fahrt schlagartig ändernt: Der Zug hält inmitten eines riesigen Marktes und im inneren der Wagen brechen tumultartige Szenen aus: Marktleute werfen ihre riesigen Säcke mit Verkaufswaren durch die Fenster in den Zug, stürmen die Sitzbänke und innert wenigen Sekunden sind Züge komplett überfüllt.

Aus welchem Grund auch immer – die Myanmarer scheinen Steinschleudern zu lieben. So sitzen im Wagen ganze Gruppen an Männern, bewaffnet mit grossen Steinschleudern und versuchen die draussen rumfliegenden Vögel und Enten abzuschiessen. Zwar haben sie wohl nur sehr selten Erfolg; trotzdem strahlen die „Jäger“ bei jedem Schuss wie kleine Kinder und schiessen um die Wette.

Nach dreieinhalb Stunden fahrt schliesst sich der Kreis und der zug schlängelt sich langsam wieder in den Bahnhof, von dem wir losgefahren sind. Dreieinhalb Stunden voller Eindrücke, welche zuerst verarbeitet werden müssen. Zugegeben – die letzte Stunde kann einem etwas lange vorkommen. Trotzdem ist diese Fahrt ein absolutes muss für jeden, der Yangon besucht. Die Leute und Kultur hautnah kennen lernen – das kann man mit dem „Yangon Circle Train“. Genau deshalb bleiben diese drei Stunden noch lange in Erinnerung und gehören zu meinen Highlights in Myanmar.

Bist du selber schon einmal mit dem „Yangon Circle Train“ gefahren? Hast du andere tolle Tipps für die Reise nach Myanmar? Dann schreibe doch einen Kommentar!

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